Eingeladener Studienauftrag für preisgünstigen Wohnungsbau, Allschwil, 2021
Das Grundstück an der Fabrikstrasse steht sinnbildlich für das Aufeinandertreffen zweier scheinbar gegensätzlicher Quartiere: Kleinmassstäbliche Wohnhäuser des frühen 20. Jahrhunderts, Zeilenbauten der 1950er Jahre, bis hin zu Wohnhochhäusern der 1960er bis 1970er Jahre. Auf der anderen Seite ein Industrie- und Gewerbegebiet, das sich ausgehend von den Ziegeleien entlang der Binningerstrasse sukzessive entwickelt hat, und das heute vor einer verheissungsvollen Zukunft als lebendiges, urbanes und gemischt genutztes Quartier steht.
Wie stellt man einen Übergang her an dieser städtebaulich wichtigen Schnittstelle? Der Schlüssel zu dieser Frage liegt in der Kultivierung nachbarschaftlicher Beziehungen. Beziehungen die das Projekt mit seiner Umgebung verbinden und mögliche Anknüpfungspunkte herstellen – auf Ebene des Quartiers, auf Ebene des Hauses und auf Ebene der Wohnung.
Einfache aber präzise gesetzte Bauten bilden das Gerüst der städtebaulichen Form. Ein siebengeschossiges Vorderhaus an der Fabrikstrasse mit Gewerbe im Erdgeschoss und Wohnungen in den Obergeschossen bildet den Auftakt. Zwei viergeschossige, spiegelsymetrische Hofhäuser ergänzen das Ensemble. Die zwei Haustypen sind strukturell verwandt, aber unterschiedlich ausformuliert. Vor- und Rücksprünge in den Gebäudekörpern strukturieren die Fassaden. So wird zur Binningerstrasse hin eine Kopfsituation ausgebildet, die durch ein doppelgeschossiges Eckfenster und einen überhöhten Dachaufbau betont wird. Diese städtebaulich-architektonische Geste verleiht dem Gebäude eine klare Ausrichtung und lässt es in einen Dialog mit der Binningerstrasse treten. Mit der städtebaulichen Setzung entsteht ein wertvoller, multifunktionaler und begrünter Hofraum zwischen den Bauten. Eine den Gebäuden vorgelagerte und begrünte Laubenschicht vermittelt als Filter zwischen der Privatheit der Wohnungen und der räumlichen Nähe des Hofes. Als von der Strasse geschützter Aussenraum, ist er ein Ort des nachbarschaftlichen Austauschs, ein Ort für zufällige Begegnungen, aber auch ein Ort des Rückzugs.
Der einfachen Struktur des Rohbaus folgend sind die Wohnungen in Schichten aufgebaut. Die dem Hof zugewandte Schicht beinhaltet neben den Eingangsbereichen auch den als Laube angelegten und durch ein Metallelement von der Treppe getrennten, privaten Aussenraum. In der mittleren Schicht liegen die Wohnküchen – das Herz der Wohnungen – sowie die Sanitärräume. Die äussere Schicht bilden die Zimmer, die zur Fabrikstrasse hin mit französischen Fenstern und einer durchlaufenden Balkonschicht ausgestattet sind. Die Schichten können je nach Bedarf über das Öffnen und Schliessen von Türen bzw. Fenstern miteinander verbunden werden. So entsteht eine Vielzahl verschiedener räumlicher Konditionen und Nutzungsmöglichkeiten. Das neben der Wohnküche angeordnete Zimmer kann mit Hilfe grosszügiger Doppeltüren entweder dem Wohnbereich zugeschaltet oder auch als separates Zimmer genutzt werden. Diese Raumkonfiguration vereint die Qualitäten des Durchwohnens mit der Flexibilität eines zusätzlichen Zimmers und verleiht den Wohnungen eine grosse Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Bedürfnisse der Nutzer.