Letztlich sollte all das, was ein Gebäude enthält und was es gestaltet, mit allen Elementen – dem Ort, dem Kontext und dem Klima – interdependent verknüpft sein. Zur Gesamtbilanz sinnvoller Ressourcenschonung zählt auch, dass wir mit Materialien zu arbeiten lernen, die sich auf vernünftig kurzen Wegen beschaffen lassen. Verstehen wir das Aufnehmen dieser Energien als Austausch, Zufluss und Einfluss, dann werden Potentiale der Außenwelt auch zu denen der Innenwelt. Gebäude sollten wir als dynamisch offene Systeme verstehen, die speichern, umwandeln und transportieren können. Damit wird das Einbinden solarer Energiegewinne vor Ort genauso Bestandteil des Entwurfs wie deren Verknüpfung mit den Prozessenergien.
Schule der Empfindungen
Wir beobachten eine zunehmende Automatisierung von Gebäuden als hochtechnisierte Maschinen, der wir überaus skeptisch gegenüberstehen. So gibt es in den wenigsten Schulhäusern noch einen Hauswart, der am Abend kontrolliert ob alle Türen und Fenster geschlossen sind. Die Gebäudeautomation, in Zusammenspiel mit mechanischer Lüftung, steuert und regelt Computer-getrieben die Komfort und Sicherheitsmechanismen, sodass der Mensch an nichts mehr denken, oder sich gar darum kümmern muss. Wir plädieren nicht dafür, jegliche Technik wegzulassen. Dennoch glauben wir, dass für ein erneuertes Verständnis des Zusammenlebens mit unserer Umwelt, der Nutzer und Mensch wieder mehr in den Mittelpunkt rücken muss.
Ein Haus, drei Klimata
Klimatisch wird unterschieden zwischen Nutzungen, die hohe Komfortansprüche haben (Unterrichtsräume etc.), und Nutzungen in denen niedrigere Temperaturen zu bestimmten Jahreszeiten akzeptabel erscheinen. Vorgelagert gibt es Balkone im Aussenraum, die zu den 4 Aussentreppen an den Gebäudeecken führen, welche die Vertikalerschliessung bilden. Dadurch werden nicht nur unterschiedliche klimatische Verhältnisse innerhalb des Gebäudes erlebbar, sondern tatsächlich nur die minimal nötige Fläche beheizt. Im Untergeschoss befindet sich die über ein Oberlicht seitlich belichtete Turnhalle.
Das Gebäude wird somit in drei klimatische Zonen unterteilt:
1. Innenklima, 2. Zwischenklima, 3. Aussenklima.
Bei schönem Wetter stellen wir uns das Gebäude als konstant geöffnet vor, auch nach Schulschluss kann hier der Wind hindurchwehen. Das Gebäude bekommt somit etwas perfomatives, und hoffentlich auch etwas menschliches. Es ist in seinem Wesen veränderbar; wenn es kalt wird zieht es sich einen Pullover über, und es wenn es warm ist lässt es die Kleider herunter. Klimatisch verschmilzt es mit seiner Umgebung, und löst die Grenzen zwischen Gebäude und Umwelt auf. In der grosszügigen, in Teilen bewusst unprogrammierten Pufferzone kann im Sommer Unterricht im Freien stattfinden. Die Aula, die hier im Erdgeschoss untergebracht ist, kann durch einen Vorhang abgetrennt werden, um Sichtschutz zu ermöglichen und einen abgegrenzten Bereich zu schaffen, der mit der Prozessenergie der anwesenden Schüler (1 Mensch = 85W) angenehm temperiert bleibt.
Energetische Komponenten
(Innenklima)
1. Vier Windtürme auf dem Dach fungieren als Abluftkamine, die eine natürliche Querlüftung in den Klassenzimmern ermöglichen.
Sie sitzen auf einem pyramidenartigen Hohlraum, der mit dunkelfarbiger Photovoltaik belegt ist, und sich bei Sonneneinstrahlung aufheizt. Durch den Auftrieb der warmen Luft entsteht ein Sogeffekt, der die Luft aus den Klassenzimmern über Schächte abzieht. Als Endstück gibt es einen überdimensionierten Rohraufsatz, der mit sensiblen Rotorlamellen ausgestattet ist, und selbst bei kleinstem Aussenwind als natürlicher Ventilator unterstützend wirkt. Obwohl anders in der Funktionsweise, gibt es ähnliche Elemente in historischer persischer Architektur, wo hohe Windtürme mit natürlichen Kamineffekten arbeiten.
2. Die Stirnfassaden des Schulhauses werden als Doppelfassade und Luftkollektor ausgebildet.
Ein Luftkollektor an der Wand funktioniert wie ein Frühbeet oder die Folie der Spargelbauern. In der Zwischenschicht einer Doppelfassade erwärmt sich Luft. Diese wird in der Speichermasse der dahinter liegenden Wand eingelagert. Dadurch kann auf Dämmung verzichtet werden, gleichzeitig werden solare Gewinne energetisch genutzt. Der Temperaturverlauf in der Wand dreht sich aufgrund der warmen Luft im Kollektor um – das heißt, dass es im Luftwischenraum wärmer ist als im Innenraum. In der Sommerperiode muss entlüftet werden. Dies wird im vorliegenden Projekt ermöglicht durch die aufklappbare Mechanik eines einfachen Gewächshaussystems, das mit einer Einfachverglasung versehen auch Durchblicke bei geschlossenem Zustand zulässt, und die Oberfläche der Holzwandkonstruktion nach Aussen sichtbar macht.
3. Erdkanäle unter der Bodenplatte sorgen für geothermische Kühle im Sommer und vorgewärmte Zuluft im Winter.
In der Heizperiode dient die ca. 12 Grad warme Luft zur Vorheizung des Atriums oder auch der Klassenräume. Über einen Wärmetauscher und Nachheizung wird die notwendige Temperatur erreicht. In der Kühlperiode wird die kühle Luft direkt verwendet. Im Zusammenhang mit den Windtürmen wird die Luft befördert. Die Querschnitte werden über eine thermodynamische Simulation ermittelt.